Vor ein paar Jahren vertonten die Oberpfälzer den Southern Noir Roman "Suttree", was derart stürmisch von der Fachpresse begrüßt wurde, dass man den Glauben an den Wert echter, phantasievoller, handgemachter Musik wiedergewinnen konnte. Dann folgte "Short Stories..." und für LP3 haben sie die Meßlatte sehr hoch gelegt und sich ein großes Ziel gesetzt: Nämlich das Leben von Thomas Alva Edison auf 75 Minuten Musik zu kompromieren. Für Roland Kopp und Michael Ströll (aka Buddy & The Huddle) verkörpert die Person T.A. Edison Popkultur. Einerseits schuf Edison durch seine Erfindungen (Phonograph, Glühbirne, Telegraph, Kinetograph und Kinetoskop) die Grundlagen für den - und Unterhaltungsbetrieb nach heutiger Auffassung. Zugleich hatte er im Gegensatz zu anderen Erfindern stets die Einsatzmöglichkeiten für ein Massenpublikum im Hinterkopf. Seine technischen Pionierleistungen fanden sich deshalb immer wieder auf Jahrmärkten und Vergnügungsparks. Dies brachte Kopp und Ströll auf die Idee, das Leben Thomas A. Edisons selbst in dieses Ambiente zu verlegen: Sein Leben mitsamt unterschiedlichster Anekdoten, Episoden und Kuriositäten als Teil einer Aufführung in einem Panoptikum, in das der marktschreierische Direktor das Publikum lockt: "Roll up, rooooooll up, Ladiesand Gentlemen, step right in and see the amazing life of the world's most famous inventor Thomas Alva Edison ..." Und was dann folgt, ist so ziemlich ausser Konkurrenz. 22 Songs, Intermezzi, Fragmente, Ideen, verstörende Sound-Collagen, zuckrig arrangierte Streicherfeste und vieles mehr aus dem Leben der kontroversen Person Edison, Technik-Pionier, Genie und finsterer Ausbeuter in einem. Weiterhin schwierig bleibt es, die Musik von Buddy & The Huddle in Worte zu fassen. Exotisch aber nachfühlbar sind die Elemente, die hier zu einem stimmigen Erlebnis werden: Allumfassende Soundscapes sind dies, impressionistisch im einen Moment, expressiv im nächsten. Cinematographisch auf jeden Fall. Oder auch: Eine Achterbahnfahrt voller Überraschungen. Mit typisch amerikanischem Songwriting, mit experimentalen Post-Rock-Anleihen, mit lautmalerischen Pretiosen. Dabei klingen sie bisweilen wie die Shadows auf Acid, eine Motownband mit Folkinstrumentarium oder wie ein morbider Soundtrack zu einem Spaghettiwestern. Ein Streichoktett kollidiert mit Gospelchören und fügt sich schließlich mit Countrygitarre, Loops, Vibraphon, Posaune und Flügelhorn zu einem betörenden Ganzen. Einen Moment klingen sie wie Lambchop, dann verschachtelt, versampelt und noisy, kurz darauf fliegen Calexico-Reminiszensen vorbei. Und das alles geschaffen von zwei Käuzen und ihren Jazz-Kumpels aus dem südlichen Teil Deutschlands. ringt mir nicht nur extreme Hochachtung ab, es macht auch richtig Spass sich mit dem ausführlichen exzellent gestalteten Booklet hinzusetzen und die Reise anzutreten. Denn was dem Hörer hier auf 76 Minuten geboten wird, ist das Eintrittsgeld mehr als wert.